Bürger melden sich zur Unterschriftenaktion "Bürgerbegehren Katholische Grundschule"

Veröffentlicht am 13.02.2015 in Kommunalpolitik

Zur Anfrage der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Ennepetal wegen der Unterschriftenlisten zum Bürgerbegehren, die in den Ennepetaler Schulen verteilt wurden, erhielten wir einen Leserbrief von Dr. Martin Schütrumpf, Ennepetal, den wir hier mit Erlaubnis von Herrn Dr. Schütrumpf veröffentlichen.

 
"Der Umgang mit dem Thema katholische Grundschule in Ennepetal verursacht grundsätzliches Erstaunen bei mir. So kamen unsere Kinder mit von Lehrern des Reichenbachgymnasiums ausgehändigten Unterschriftenlisten zur Unterstützung des Standortes Milspe für die katholische Grundschule nach Hause, mit der Aufforderung, im Sinne des Reichenbachgymnasiums zu unterzeichnen. Dies ist eine fragwürdige Inszenierung unter Verwendung von Ressourcen des Gymnasiums. 
Lokale Interessen dominieren die Ennepetaler Politik, Rüggeberger wünschen eine Grundschule, Anwohner im Bereich der Kirchstraße den Verbleib der Schule in der Kirchstraße. Zudem kommt ein Gebäudenutzungskonzept, das Antworten liefern soll auf die anstehenden Probleme der Stadt. Dazu zählen sinkende Schülerzahlen und der aktuelle Zustand der städtischen Immobilien. Diese Interessen sind für mich nachvollziehbar.
Pädagogische Argumente im Sinne aller kleinen Kinder werden hingegen kaum kommuniziert. Für mich als Dozent in der Lehreraus- und -fortbildung habe ich eine andere Sichtweise auf die Problematik. Gewährleistet werden muss die Chancengleichheit für alle Kinder, unabhängig von ihrer religiösen Haltung und deren sozialen Herkunft. Diese Chancengleichheit könnte gefährdet werden, wenn zwei Grundschulen in derartiger Nähe, wie die Standorte Friedenshöhe und Kirchstraße sie aufzeigen, konkurrieren und dabei die Bekenntnisschule
nicht die gleichen rechtlichen Randbedingungen im Vergleich zur städtischen Grundschule erfüllen muss. Bekenntnisschulen wählen Lehrer unter anderem wegen ihrer religiösen Zugehörigkeit aus. Normale Schulen müssen sich beim Lehrereinstellungsverfahren an den faktisch erbrachten Leistungen orientieren.
Aber vielmehr ist die Chancengleichheit auf Seiten der Schüler gefährdet.
Bei ständig sinkenden Schülerzahlen wird die katholische Grundschule mit dem Standort Milspe versuchen, auch nicht katholische Kinder aus dem Bereich Milspe/Homberge zu akquirieren. Aktuell ist der Anteil katholischer Kinder in der katholischen Grundschule unter 1/3 in der Klasse 1. Die Bekenntnisschule legt die Kriterien selbst fest, die Kinder erfüllen müssen, um an der Schule angenommen zu werden. Dies könnte langfristig dazu führen, dass nicht katholische Kinder von Eltern aus Haushalten mit gehobenem Bildungsbürgertum automatisch einen Platz an der katholischen Schule bekommen. Sozial schwächere, besonders muslimische Kinder gingen hingegen zur Friedenshöhe.
Nach einer Studie von Wang, Haertel und Walberg hängt der gesamte Lernzuwachs in einer Lerngruppe im Wesentlichen von den kognitiven Kompetenzen der einzelnen Schüler und der häuslichen Umwelt der Schüler sowie der Unterstützung durch die Eltern ab. Die Kinder an der Friedenshöhe erwartet so ein eklatanter Nachteil im Unterricht. Nun kann man sagen, dass aktuell die katholische Grundschule immer fair aus allen Gesellschaftsschichten Kinder zur Schule zugelassen hat. Aber wer garantiert uns Ennepetalern, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. Gerade in den letzten Tagen konnte man der Tagespresse im Zusammenhang mit Erziehung und den Äußerungen des Papstes aus pädagogischer Sicht abstruse Dinge entnehmen („Papst Franziskus findet es okay, Kinder zu schlagen“, http://www.derwesten.de/…/papst-franziskus-findet-es-okay-k…).
Auch unsere aktuelle Landesregierung vertritt die Auffassung, Bekenntnisschulen gerade aufgrund der Chancengleichheit nicht weiter zu fördern (http://www.derwesten.de/…/konfessions-schulen-in-nrw-auf-de…). Das sollte man auch in Ennepetal zur Kenntnis nehmen.
Eine Bekenntnisschule ist vornehmlich für die religiös gesinnten Schüler, eine derartige Schule darf die Chancengleichheit aller Kinder nicht gefährden. Deshalb ist im Zentrum der Stadt kein Platz für diese Schule.
 
Anmerkung der Redaktion: 
Der Autor des Leserbriefes hat uns gebeten darauf hinzuweisen, dass das Wort Besinnungsschule durch das Wort Bekenntnisschule ersetzt werden muss. Dieser Bitte kommen wir hiermit gerne nach.