„Der Hunger wird eher noch zunehmen“

Veröffentlicht am 14.09.2011 in MdB und MdL

Den Hunger gab es schon vor dem Klimawandel. „Und im Augenblick gibt es
keine Aussicht auf Besserung“, sagte Prof. Helmut Breitmeier, der Leiter
des „Interdisziplinären Fernstudienganges Umweltwissenschaften“
(infernum) an der FernUni Hagen: „Nach wie vor leiden 900 Millionen
Menschen Hunger.“ Breitmeier sprach im Rahmen der Reihe „Energie, Klima,
Umwelt“, zu der der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel
namhafte Experten in die FernUni einlädt, vor gut 50 Interessierten über
„Die Folgen des Klimawandels für die Welternährung: Nährboden für neue
Ressourcenkonflikte“.

Der Klimawandel werde „verheerende“ Folgen für den Ackerbau haben,
verstärkte Unwetter und zunehmende Dürren träfen besonders diejenigen
Regionen, die schon heute am stärksten von Hunger betroffen sind, also
vor allem Zentralafrika und Indien, machte Breitmeier anhand zahlreicher
Daten deutlich. Aber auch Südeuropa muss mit einer weiteren
„Austrocknung“ rechnen.
Aber nicht nur die zu erwartenden Wetter-Extreme haben Einfluss auf die
zukünftige Versorgung der Menschen. Da die Bevölkerung jedes Jahr um 80
Millionen wächst, nimmt die Ackerfläche pro Kopf immer mehr ab. Der
zunehmende „Fleischhunger“ trägt ebenfalls zu einem immer größeren
Bedarf an Anbauflächen für Futtermittel bei – Urwälder werden abgeholzt,
um Soja oder Mais anzubauen.
Hinzu komme „politisch gewollte“ Konkurrenz als Ursache für die weitere
Ausbreitung des Hungers: „Die europäische Bio-Energiepolitik hat den
Mais teurer gemacht“, sagt Breitmeier, in Indonesien werden die letzten
Urwälder gerodet, um Palmen zu pflanzen, deren Öl unserem Diesel
beigemischt wird.
Bis 2007 waren die Lebensmittelpreise über Jahrzehnte relativ konstant,
rechnete Breitmeier vor, dann begannen Spekulanten, gesamte Ernten noch
vor der Aussaat aufzukaufen. In nicht einmal fünf Jahren haben sich die
Preise seitdem mehr als verdoppelt, Grundnahrungsmittel sind damit für
viele Menschen in den Entwicklungsländern unerschwinglich. Hinzu komme,
dass große Lebensmittelkonzerne seit geraumer Zeit Ackerflächen
„vornehmlich in nicht so demokratischen“ Ländern pachten, ergänzte
Breitmeier: „eine neue Art der Kolonisierung.“ Sein ernüchterndes Fazit:
„Der Hunger in Entwicklungsländern wird eher noch zunehmen.“
Zum nächsten Termin der „Energie-Klima-Umwelt“-Reihe hat René Röspel den
Gründer des Wuppertal Instituts und Mitglied des Club of Rome Prof.
Ernst Ulrich von Weizsäcker eingeladen. Der renommierte Wissenschaftler
spricht am Donnerstag, dem 13. Oktober, um 19 Uhr in der Mensa der
FernUni über „Energieproduktivität verfünffachen: Das ist technisch drin
und befreit uns von Atom und Kohle“. Infos unter www.roespel.de/klima

Bild:
Prof. Helmut Breitmeier (links) sprach auf Einladung von René Röspel in
der FernUni über „Die Folgen des Klimawandels für die Welternährung.“